Das Rebhuhn

Lückentext

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   bei      da      Da      der      die      eingeht      er      hat      heimliche      hernach      hier      ihm      ihnen      Königs      Kaufmann      lache      schwieg      sein      seinen      Solche      Tages      Tat      und      Vögel      Wald      waren   
Es war ein reicher Kaufmann, der reiste durch ein Königreich und trug mit sich einen grossen Schatz an Geld und Gute. ihn nun sein Weg durch einen grossen Wald führen sollte, fürchtete er sich, dass er um seines Geldes willen darin etwa Leben lassen müsse, und ging daher zu dem König des Landes, reichte ihm ein Geschenk dar und bat, dass der König einen sichern Mann mitgebe zum Geleite durch den Wald und durch sein ganzes Reich. Da gebot der König seinem Schenken, dem das Geleit zu geben, und dieser tat, was ihm geboten war, und geleitete den Kaufmann.
Als nun diese beiden in den gekommen waren; da gelüstete dem Schenken nach dem Schatz des Kaufmanns, und er stand still auf dem Weg, und sprach zu : „Gehe voran!“ Der Kaufmann erschrak, ahnte des Schenken böse Absicht und wollte nicht vorangehen. Der Schenke zog alsbald sein Schwert aus Scheide und rief: „So musst du hier von meiner Hand sterben!“ - „O lieber Schenke, tut das nicht!“, rief der Kaufmann. „ Mordtat an mir würde nicht verborgen bleiben! Und ob heimlicher Mord von allen Menschen ungesehen vollzogen wird, so werden ihn die offenbaren, die unter dem Himmel fliegen!“
Wie der Kaufmann das noch sprach, flog eben ein Rebhuhn im Walde auf, und über beiden hin. Da hohnlachte der Schenke und sprach spöttisch: „Hab acht, das Rebhuhn wird's dem Könige sicherlich ansagen, dass ich dich ermordet habe.“ Und so ermordete der Schenke den Kaufmann im Walde, nahm ihm alle sein Geld und seinen Schatz, den er sich trug, begrub ihn heimlich und ging wieder zu Hofe.
Und es verging ein ganzes Jahr nach des Schenken ungetreuer Tat, geschah es, dass dem Könige Rebhühner geschenkt wurden, die gab der Schenke dem Koch, liess sie wohl bereiten, und brachte sie zur Tafel. Und wie er die Rebhühner vor den König hin auf den Tisch stellte, dachte er an den Kaufmann, den ermordet hatte, und an dessen letzte Rede von den Vögeln und musste lachen. Der König sah es, und fragte, worüber er ? Der Schenk aber gab dem Könige eine falsche Ursache seines Lachens an.
Nachher über vier Wochen geschah es, dass der König Amtleuten und Dienern ein Gastmahl gab, dabei war auch der Schenke, und der König selbst war sehr fröhlich und heiter, scherzhaft lustig, und liess so viel Wein und edle Getränke auftragen, dass etliche seiner Diener trunken wurden. Und da alle so lustig , sprach der König zum Schenken: „Lieber Schenk, jetzt sage mir die freie Wahrheit, worüber hast du gelacht unlängst, da du mir Rebhühner auftrugst, denn du hast mich damals nicht mit wahren Worten berichtet!“ Der Schenk war trunkenen Mutes, denn wenn der Wein , geht die Weisheit aus, und sprach: „Ei, mein Herr König, als der Kaufmann schrie, die Vögel würden seinen heimlichen Mord offenbaren, unter dem Himmel fliegen, da flog eben ein Rebhuhn in die Höhe, dessen musste ich gedenken und darüber lachen.“
Der König auf diese Rede still, liess sich nichts merken, und tat, als sei er nicht in seiner Fröhlichkeit gestört. Aber des andern ging er zu Rate mit seinen heimlichen Räten, und sprach also fragend zu ihnen: „Was hat der verschuldet, der von des wegen einen durch das Reich sicher geleiten sollte, und hat denselben selbst ermordet und beraubt?“ Darauf antworteten die Räte einstimmig: „Der den Galgen verdient!“ Darauf sass der König öffentlich zu Gericht, bestellte einen Kläger, der den Schenken anklagte, und da er seine vor Zeugen im Rausche erzählt, so musste er sie auch vor Gericht bekennen und wurde zum Galgen verurteilt. So ward der Mord durch die Rebhühner kund und offenbar.

Quelle: Deutsches Märchenbuch, Herausgegeben von Ludwig Bechstein, Leipzig 1845