5. Soziale und wirtschaftliche Bedeutung der Malaria in Risikogebieten

Diese Kapitel beschreibt die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Malaria in den Risikogebieten, d.h. vornehmlich in Entwicklungsländern. Neben allgemeinen Aussagen werden auch konkrete Beispiele aus dem westafrikanischen Ghana angeführt.

Orientierung "Bedeutung der Malaria"

5.1. Malaria behindert die wirtschaftliche Entwicklung
- 5.1.1. Kosten
- 5.1.2. Arbeitszeitverlust
- 5.1.3. Auswirkungen auf die Schule
- 5.1.4. Folgen der Malaria
- 5.1.5. Unzureichende Behandlung der Malaria in Entwicklungsländern
5.2. Gefährdete Bevölkerungsteile
- 5.2.1. Gebiete mit hohem Malariarisiko
-- 5.2.1.1. Malariabehandlung in Ghana
- 5.2.2. Gebiete mit geringem oder sporadischem Malariarisiko
- 5.2.3. Besondere Lebenssituationen
-- 5.2.3.1. Flüchtlinge
-- 5.2.3.2. Beispiel Ruanda
-- 5.2.3.3. Slums und Elendsviertel
-- 5.2.3.4. Leben am Wasser
-- 5.2.3.5. Reisende
-- 5.2.3.6. Frauen und Kinder
-- 5.2.3.7. Wasser holen
5.3. Gründe für Malariaepidemien
- 5.3.1. Klimaänderungen
-- 5.3.1.1. Einfluss der Temperatur auf die Verbreitung der Malaria
- 5.3.2. Einfluss des Menschen
-- 5.3.2.1. Veränderungen der Umwelt
-- 5.3.2.2. Beispiel: Kommerzielle Baumplantagen in Südostasien
-- 5.3.2.3. Beispiel: Papua Neuguinea
-- 5.3.2.4. Beispiel: Mangalore (Indien)
-- 5.3.2.5. Wanderbewegungen
-- 5.3.2.6. Beispiel: Brasilien
- 5.3.3. Versagen der Kontrollstrategien
5.4. Folgen von Resistenz gegen Malariamedikamente
5.5. Gründe für das Versagen von Kontrollstrategien
5.6. Zusammenfassung

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Einleitung zur "Bedeutung der Malaria"

Von den heute rund 90 von der Malaria betroffenen Ländern liegt fast die Hälfte auf dem afrikanischen Kontinent, wobei vor allem die Länder südlich der Sahara ein grosses Malariarisiko aufweisen. Aus dieser Region stammen 90% der weltweit 300-500 Millionen jährlich gemeldeten Malariaerkrankungen und 1.5 - 2.7 Millionen Todesfälle, die meistens kleine Kinder betreffen. (Siehe dazu die Grafik "Todesfälle durch Malaria".) Allein in Kenia sterben täglich 72 Kinder unter 5 Jahren an Malaria, weitere 400 erkranken. [MARA, 1998, S. 21] In Eritrea sind 67% der Bevölkerung von ca. 3.5 Millionen Menschen durch die Malaria bedroht. 40% dieser in Malariagebieten lebenden Menschen gehören den beiden Risikogruppen der unter fünf Jahre alten Kindern und den stillenden Müttern an. Malaria wird für 10-15% der Arzt- und Spitalbesuche verantwortlich gemacht. [bednet-3] Im tropischen Afrika werden 20-40% der ärztlichen Konsultationen und 15-20% der Spitaleintritte durch eine Malariaerkrankung verursacht. In Malawi verursacht ein aufgrund von Malaria erfolgter Arztbesuch Kosten von durchschnittlich 1.10 US$, ein Spitalaufenthalt in kostet rund Kenia 35 US$. In Ruanda flossen 1989 nahezu ein Fünftel der Gesundheitsausgaben in die Malariabehandlung. Die Lethalität einer schweren Malariaerkrankung, der sogenannten Malaria maligna liegt im tropischen Afrika, bei Patienten, welche in Spitalpflege überführt werden, bei 10-30%. In ländlichen Gebieten mit kaum ausgebauter Gesundheitsinfrastruktur liegt die Sterblichkeit noch höher. [Sherman, 1998, S. 11; WHO, 1999; S. 51]

Erkrankungen und Todesfälle durch Malaria
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation für 1998 [WHO, 1999, S. 115]

Neben dem tropischen Afrika gilt das Gebiet der indochinesischen Halbinsel mit ca. 8% der weltweiten Erkrankungen als Malariagebiet mit sehr hohem Risiko. Dies insbesondere deshalb, weil in dieser Region mit einer hohen Resistenz von Malariaerregern gegen entsprechende Medikamente zu rechnen ist. Auf den amerikanischen Kontinenten konzentriert sich die Häufigkeit der Malariaerkrankungen auf das Amazonasbecken. [Sherman, 1998, S. 11]

Auffallend an dieser Aufzählung ist, dass vor allem Gebiete der Tropen und Subtropen mit finanziell schwacher Bevölkerung und oftmals schwierigsten Lebensverhältnissen betroffen sind. Mangelnde Ressourcen beeinflussen die Häufigkeit von Malaria und deren Folgen in vielfältiger Weise. In einigen afrikanischen Ländern führte die durch die Regierung nicht mehr aufrechtzuerhaltende Finanzierung des Gesundheitswesens zur Einführung der Kostenpflicht bei den Patienten. Dies wiederum hatte zur Folge, dass bei Erkrankungen ein Arzt- oder Spitalbesuch aufgeschoben wurde, was bei an Malaria erkrankten Kleinkindern tödliche Folgen nach sich ziehen kann.

Frauen scheinen bei der Behandlung von Krankheiten vorzugsweise auf Hausmittel und traditionelle Medizin zurückzugreifen und unterliegen dadurch, besonders während einer Schwangerschaft, zusätzlich dem Risiko an einer komplizierten Malariainfektion zu erkranken. Auch die Neuerschliessung von Anbauflächen, etwa durch Rodung oder Bewässerung, kann zu einer Zunahme der Malariafälle führen, und auf diese Weise die erzielte Verbesserung der Lebensqualität drastisch reduzieren. [WHO, 1997] Die verschiedenen Ursachen und Folgen der Malaria in den betroffenen Entwicklungsländern werden in den folgenden Abschnitten diskutiert.

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5.1. Malaria behindert die wirtschaftliche Entwicklung

In den betroffenen Gebieten untergräbt die Malaria Gesundheit und den Wohlstand von ganzen Familien, gefährdet das Überleben, die Erziehung und Ausbildung von Kindern, führt immer wieder zur Arbeitsunfähigkeit der werktätigen Bevölkerung und bindet einen grossen Anteil der den betroffenen Länder zu Verfügung stehenden Ressourcen, welche für die Behandlung von Malariakranken aufgewendet werden müssen, anstatt, dass sie in die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes einfliessen könnten.

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5.1.1. Kosten

Die Auswirkungen der Malaria sind besonders augenfällig in ländlichen Gegenden — oft fällt die Erntezeit mit ihren hohen Arbeitszeitanforderungen mit dem Maximum der jährlichen Malariaerkrankungen zusammen — und bei Epidemien in Gebieten mit hoher Bevölkerungskonzentration. In Thailand werden die totalen Kosten einer Malariaerkrankung auf 20 US$ geschätzt — ein Neunfaches des durchschnittlichen Tageslohnes eines typischen Malariapatienten. [Liese] Selbst in den einkommensschwachen afrikanischen Ländern südlich der Sahara belasten die durchschnittlichen, monatlichen Ausgaben für die Behandlung eines Malariaanfalles einen Haushalt mit 2 - 25 US$, weitere 0.20 - 15 US$ werden für die Prävention ausgegeben. Untersuchungen in Kenia und Malawi haben gezeigt, dass rund ein Fünftel des finanziellen Einkommens für die Prävention von Malaria — in Form von traditionellen und kommerziellen Produkten —  ausgegeben wird. In Kenia werden die Behandlungskosten für Malaria auf 5% der totalen Haushaltsausgaben eines Kleinbauern geschätzt, in Nigeria sogar auf 13%. Viele aber sind einfach zu arm, um sich eine ausreichende Behandlung leisten zu können. [EHP, 1996; S. 15; WHO, 1999, S. 51]

1987 wurden die direkten und indirekten wirtschaftlichen Kosten der Malaria in Afrika auf 800 Millionen US$ geschätzt, 1995 bereits auf 1.8 Milliarden. [Sherman, 1998, S. 12] Im gleichen Jahr betrug das geschätzte Bruttosozialprodukt für Afrika, ohne die nicht oder nur wenig von der Malaria betroffenen Länder Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten, rund 310 Milliarden US$. [Giger, 1998, S. 537-538] Unter Berücksichtigung des von der Malaria vergleichsweise wenig betroffenen afrikanischen Wirtschaftsgiganten Südafrika, dessen Bruttosozialprodukt im gleichen Zeitraum rund 130 Milliarden US$ betrug, können die wirtschaftlichen Kosten der Malaria für das tropische Afrika mit rund 1% des Bruttosozialproduktes veranschlagt werden. Für Nigeria wurden diese Kosten auf 1 - 5%, für Kenia gar auf 2 - 6% des Bruttosozialproduktes geschätzt. Weltweit dürften sich die Kosten der Malaria auf mehr als 2.2 Milliarden US$ belaufen. [ BBC 08.09.1999; Sherman, 1998, S. 12; WHO, 1999, S. 51] Nach einer Schätzung von 1997 belaufen sich die Kosten für Schwarzafrika allein sogar auf über 2 Mrd. US$. [Fact Sheet 94]

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5.1.2. Arbeitszeitverlust

Für die in den Malariarisikogebieten lebenden Menschen ist weniger der gesamtwirtschaftliche Schaden von Bedeutung — oftmals werden die Aktivitäten der ruralen Gebiete durch Wirtschaftsstatistiken nur ungenügend erfasst — als der Arbeitszeitverlust aufgrund der durch die Malaria verursachte Unfähigkeit, die normale Tätigkeit aufrechtzuerhalten. In Südamerika wird der jährliche Arbeitszeitverlust aufgrund der Malaria auf 1.5 - 14.3 Tage pro Person geschätzt. In Nepal sollen Infektionen durch Plasmodium falciparum für 10 Tage totalen und 2.5 Tage teilweisen, Infektionen durch Plasmodium vivax für 5 Tage totalen und 1 Tag  teilweisen Verlust der Arbeitsfähigkeit pro Kopf und Jahr verantwortlich sein. [Sherman, 1998, S. 12] Für die betroffenen Länder Afrikas dürften sich anhand persönlicher Erfahrungen in Ghana ähnliche Werte ergeben. Der aufsummierte Verlust an produktiver Arbeitszeit durch Malaria wird in Ghana auf 15% geschätzt. [Edmundson, 1992]

Arbeitzeitverlust durch Malaria
Grafik "Verlorene Arbeitstage" nach Angaben der WHO. [WHO, 1999-1]

Diese statistischen Angaben verdecken die Tatsachen, dass Einzelpersonen einen Arbeitszeitverlust von bis zu drei Wochen oder mehr durch Malaria erleiden können, was eine Anpassung der Agrarproduktion bedingt: Familien, die häufig an Malaria leiden, zeigen eine Tendenz, hochwertige Anbaupflanzen, die während der Hauptmalariasaison geerntet werden, durch Anbaupflanzen von geringerem Wert, die ausserhalb der Malariasaison geerntet werden können, zu ersetzten. Eine Studie hat ausserdem aufgezeigt, dass Malaria nicht nur eine Arbeitsverlagerung von kranken auf gesunde Familienmitglieder bewirkt, sondern trotz der Hilfe durch Nachbarn und Kinderarbeit die Agrarproduktion  in endemischen Gebieten um bis zu 30% reduzieren kann. [Liese]

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5.1.3. Auswirkungen auf die Schule

Die in erster Linie für die arbeitende Bevölkerung wichtigen Auswirkungen der Malaria finden ihre Parallele im Bezug auf die auszubildende Generation in der Schule. In ländlichen Gegenden Afrikas, in denen Malaria häufig ist, fehlen nach verschiedenen Studien bis zu einem Drittel der Primarschülerinnen und -schüler mindestens einmal pro Schulhalbjahr aufgrund einer Malariaattacke, mehr als ein Sechstel erkrankt zweimal oder häufiger, wobei die dadurch verursachte durchschnittliche Abwesenheit mindestens eine Woche beträgt. [Sherman, 1998, S. 12]

Bedenkt man weitere Folgen einer Malariaerkrankung, wie beispielsweise die bei einer zerebralen Malaria in rund 10% der Fälle auftretenden Schädigungen des Gehirns, die durch chronische Infektion hervorgerufene Blutarmut und damit Schwächung des allgemeinen Aktivitätsniveaus, sowie der sozialen Verpflichtungen insbesonders von Mädchen innerhalb einer Familie — bei einer Erkrankung der Mutter übernimmt die älteste Tochter deren Aufgaben —, sowie die Ausfälle von Lehrkräften, dürften sich die direkten und indirekten Auswirkungen der Malaria auf die Schulbildung in weit höherem Masse auswirken, als dies die oben genannten Absenzenzahlen vermuten lassen. Insgesamt dürfte die Ausbildung von 35-60% der Schulkindern in hochendemischen Gebieten durch Malariaerkrankungen negativ beeinflusst werden. [Liese]

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 5.1.4. Folgen der Malaria

Malaria ist ein typisches Beispiel für den gemeinsamen Einfluss von Ernährung und Krankheit auf den Menschen: Viele Bauern produzieren gerade genug, um ihre Familien zu ernähren. Erkrankt ein Familienmitglied an Malaria, leidet darunter die Nahrungsmittelproduktion. Eine ganze Familie wird von Unterernährung bedroht. Durch die ungenügende Ernährung werden die betroffenen Menschen anfälliger für andere Krankheiten. An chronischer Malaria leidende Personen zeigen oft auch Symptome von Unterernährung, Proteinmangel und weiteren Krankheiten, sowie Befall durch andere Parasiten. [Edmundson, 1992]

Neugeborene, deren Mütter während der Schwangerschaft an Malaria litten, weisen ein geringeres Geburtsgewicht auf, als die Kinder von nicht infizierten Müttern. Durch Malariabefall reduzierte oder ganz versiegende Brustmilch ist ein verbreiteter Grund Mangelkrankheiten bei Kindern in von der Malaria betroffenen Entwicklungsländern. [Edmundson, 1992] Bei HIV-positiven Müttern erhöht eine Malariainfektion die Wahrscheinlichkeit einer vorgeburtlichen Übertragung von AIDS auf das Kind. [Fact Sheet 94] Andere Infektionskrankheiten wie beispielsweise Tuberkulose verstärken den Schweregrad einer Malariainfektion.

Die Malaria beeinflusst die Ernährung der Menschen nicht nur über den Ausfall der Produktion an Nahrungsmittel, sie hat viel direktere Konsequenzen für die Erkrankten: Während eines durch Malaria verursachten Fieberanfalles kann der Energiebedarf eines Erwachsenen auf das Doppelte des Normalbedarfs von rund 10'000 kJ ansteigen. Selbst wenn genügend Nahrung vorhanden ist, kann wegen dem durch die Malaria verursachten Appetitverlust der Energiebedarf des Körpers nicht gedeckt werden. Wiederholte Malariaanfälle führen zu einem Ernährungsmangel, der nur langsam wieder abgebaut werden kann. [Edmundson, 1992]

Malaria und Essen?

Während meines Aufenthaltes in Ghana 1995-1996 erkrankte ich an Malaria und zeigte die in Nichtimmunen oft beobachteten grippeähnlichen Symptome. Zu meiner damaligen Verwunderung verhielten sich meine ghanaischen Bekannten in dieser Situation vollkommen "falsch". Anstatt mich mit Tee und leichter Kost zu versorgen, zwangen sie mich, die ortsüblichen, sehr stärkehaltigen Nahrungsmittel in grossen Mengen zu mir zu nehmen. "Du musst viel essen", ermunterten sie mich immer wieder. Zu meinem Erstaunen war ich zwei Tage nach dieser "seltsamen" Behandlung bereits wieder arbeitsfähig und ausser einer leichten Müdigkeit, die wenige Tage anhielt, hatte die Erkrankung keine weiteren Folgen.

Nach Meinung der WHO behindert die Malaria auch den internationalen Erfahrungsaustausch und damit die wirtschaftliche Entwicklung der Risikoländern, da Firmen ihre Angestellten nur ungern in von der Malaria stark betroffene Gebiete senden würden. Malaria wird damit nicht nur als Folge von Unterentwicklung angesehen, sondern verursache diese mit. [WHO, 1999, S. 51]

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5.1.5. Unzureichende Behandlung der Malaria in Entwicklungsländern

Eigentlich könnte selbst die gefährlichste Form der Malaria, die durch Plasmodium falciparum verursachte Malaria tropica, in den meisten Erkrankungsfällen erfolgreich und ohne bleibende Folgen behandelt werden. In vielen Entwicklungsländern stellten sich jedoch vier Probleme, welche alle als Folge unzureichender Mittel auftreten. Sie sollen hier anhand konkreter Beispiele aus Ghana angeführt werden.

1. Die Krankheit wird zu spät diagnostiziert oder falsch behandelt.
Selbst für erfahrene Mediziner ist die Diagnose einer Malaria nicht immer einfach. In Ländern wie Ghana wird sie durch die fehlenden medizinischen Möglichkeiten — wie beispielsweise bereits existierende Schnelltests —, sowie die mögliche Überdeckung mit Symptomen der Mangelernährung und anderer Infektionskrankheiten zusätzlich erschwert. Ein weit grösseres Problem liegt aber darin, dass viele Bewohner Ghanas den Besuch eines Spitals zu lange herauszögern, da die dadurch für sie verursachten Kosten nicht bezahlbar sind. Zwar werden viele Untersuche staatlich subventioniert, z. B. der Blutausstrich für die Malariauntersuchung, kosten aber für das Mitglied einer Bauernfamilie, in der weniger als 1 US$ pro Kopf und Tag erwirtschaftet wird mit Preisen von rund 1 US$ immer noch zu viel. Hinzu kommen dann noch die Kosten für die Medikamente — zwischen 0.20 - 6 US$ [Lothian] — sowie inoffizielle Kosten, wie vom Krankenhauspersonal aufgrund nicht lebenskostendeckender Löhne verlangte Bestechungsgelder, um bei einem Arzt vorgelassen zu werden.

2. Menschen in ländlichen Gebieten haben oft keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu Versorgungseinrichtungen.
Haben alle Bewohner städtischer Gebiete zumindest theoretisch die Möglichkeit, ein Spital aufzusuchen, liegen diese für grosse Teile der ländlichen Bevölkerung ausserhalb der möglichen Reichweite, insbesondere dann, wenn jemand bereits an de Folgen einer komplizierten Malaria leidet und nur noch beschränkt transportfähig sind. Besonders während der Regenzeit, in der die Malaria vermehrt eintritt, verwandeln sich nicht asphaltierte Strassen in unpassierbare Schlammtrassés. Als Folge sind viele Dörfer von ihrer Umwelt abgeschnitten oder können nur noch zu Fuss erreicht werden. Ein unüberwindliches Hindernis für durch Malaria bereits massiv geschwächte Personen.

3. In den Provinzgesundheitszentren stehen die angemessenen Medikamente nicht in ausreichender Menge zur Verfügung.
Die von den staatlichen Gesundheitsorganisationen verteilten Medikamente reichen oft nicht aus oder gelangen nicht einmal in die Provinzspitäler und Gesundheitszentren, da sie in den grossen Städten mit ihren einkommensstärkeren Bevölkerungsschichten zu einem besseren Preis abgesetzt werden können. In Ghana ist es seit einiger Zeit üblich, die Kosten für eine Behandlung im voraus zu bezahlen. — Mir wurde erklärt, dass nicht wenige Patienten kurz vor ihrer Entlassung aus dem Spital zu fliehen pflegten, um einer Bezahlung für die erhaltene Behandlung zu entgehen. — Oft müssen Medikamente aber auch ausserhalb des Spitals, beispielsweise in einer Apotheke, privat eingekauft werden. Das öffentlichen Spital in Tamale (Nordghana) verfügt nur über einen sehr beschränkten Vorrat an Medikamenten.

4. Die verfügbaren Mittel wirken oft nicht mehr.
Das in Ghana aufgrund des günstigen Preises immer noch beliebte Chloroquin verliert zunehmend an Wirksamkeit. Als Folge wird es entweder in Kombination mit einem Antibiotikum, bei Kindern zur Zeit Erythromycin, eingesetzt oder aber es werden andere Malariamedikamente verschrieben. Diese sind in der Regel aber wesentlich teurer und für Grossteile der Bevölkerung unerschwinglich.

Als Folge der genannten Ursachen dauern Malariaerkrankungen in Ländern wie Ghana oft unnötig lange an und fordern besonders unter den wirtschaftlich schwachen Kindern in den ländlichen Gegenden einen unverhältnismässigen Tribut. [BUKO, 1998] (Siehe dazu auch "Ein unwissenschaftliches Nachwort".)

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5.2. Gefährdete Bevölkerungsteile

Grundsätzlich müssen bei der Betrachtung von gefährdeten Bevölkerungsteilen zwei unterschiedliche Ausgangssituationen berücksichtigt werden: Gebiete mit einem hohen Malariainfektionsrisiko und Gebiete mit geringem oder nur sporadisch auftretendem Malariarisiko. Zusätzlich gefährdet sind Personen in besonderen Lebenssituationen.

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5.2.1. Gebiete mit hohem Malariarisiko

In Gebieten mit hohem Malariarisiko, wie etwa dem tropischen Afrika, dem Amazonasbecken oder auf Papua Neuguinea, sind vor allem Kinder unter 5 Jahren und Frauen während der ersten Schwangerschaft gefährdet. Malaria maligna und Anämie sind die häufigsten Komplikationen. Die Gefährdung kommt durch den mangelnden Immunitätsschutz zustande, der bei kleinen Kindern noch ungenügend entwickelt ist und bei Frauen in der ersten Schwangerschaft teilweise unterdrückt wird. Eine Malariaerkrankung während der Schwangerschaft erhöht das Sterblichkeitsrisiko für Mutter und Kind, kann zum Abort des Kindes führen und beeinflusst dessen Geburtsgewicht negativ. Ältere Kinder und Erwachsene entwickeln mit der Zeit eine Teilimmunität, leiden aber immer noch unter den in "Malaria behindert die wirtschaftliche Entwicklung" beschriebenen Folgen. [Sherman, 1998, S.13, MARA, 1998, S. 2]

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5.2.1.1. Malariabehandlung in Ghana

Wie in anderen Ländern Afrikas auch, wird der ehemals frei zugängliche Gesundheitsdienst Ghanas zunehmend über Behandlungsgebühren finanziert. Eine Studie in ländlichen Gebieten Ghanas hat aufgezeigt, dass Mütter in über 60% der Fälle zur Selbstmedikamentation greifen, wenn ihre Kinder malariaähnliche Symptome aufweisen.

Die Erhebung von Gebühren in den medizinischen Behandlungsstellen führte zu einer Verhaltensänderung seitens der Bevölkerung: Viele Menschen warteten länger zu, bevor sie zu einer Behandlung gingen. In den Behandlungstellen wurde gleichzeitig eine Zunahme der komplizierten Malariafälle verzeichnet.

Die Gebührenpflicht scheint aber auch einen Einfluss auf die Art der Medikamenteneinnahme zu haben. Eine andere Studie zeigte, dass 76% derjenigen, welche die Medikamente selbst zahlen mussten, sich Chloroquin injizieren liessen, während dies bei denjenigen, welche das Medikament umsonst erhielten, nur bei 30% der Fall war.

Für Ghana, wie auch für viele andere afrikanische Länder gilt, dass die meisten Fiebererkrankungen durch Selbstmedikamentation behandelt werden. Unterdosierungen die langfristig zur Entstehung von Resistenzen führen können und die Verwendung von verschiedenen, oft unnötigen Medikamenten, sind weit verbreitet. Die besonders bei Kindern auftretenden Symptome der Malaria maligna, wie etwa krampfartige Zuckungen, werden in ländlichen Gegenden oft übernatürlichen Kräften zugeschrieben und nicht als Folge einer Malariaerkrankung angesehen. [WHO, 1997, S. 44]

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5.2.2. Gebiete mit geringem oder sporadischem Malariarisiko

In Gebieten mit geringem oder nur sporadisch auftretenden Malariarisiko weisen alle Personengruppen die gleichen Risiken auf, da seltene Infektionen für den Aufbau einer Teilimmunität nicht ausreichen. Als häufige Komplikation tritt zerebrale Malaria bei Kindern über zwei Jahren auf. In diesen Gebieten, beispielsweise in Asien und Südamerika, hängt das Malariarisiko stark mit der ausgeübten Tätigkeit zusammen. Besonders gefährdet sind Personen, welche in frisch erschlossenen Dschungelgebieten tätig sind, sowie Minenarbeiter. [Sherman, 1998, S.13, MARA, 1998, S. 2] Im Zeitraum von 1994 bis 1996 traten in 14 Ländern Afrikas südlich der Sahara Epidemien auf, teilweise in Gebieten, die vorher frei von der Malaria waren. Im Gegensatz zu der Malariasituation in endemischen Gebieten, führt eine Malariaepidemie zu einer hohen Sterblichkeit bei Jugendlichen und Erwachsenen. [Nchinda, 1998]

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5.2.3. Besondere Lebenssituationen

Als Personengruppen, welche durch besondere Lebensumstände einem erhöhten Erkrankungsrisiko ausgesetzt sind, müssen neben Kleinkindern und Schwangeren, wie in "Gebiete mit hohem Malariarisiko bereits erwähnt, vor allem Flüchtlinge, Bewohner von Slums und Elendsviertel, sowie Reisende gelten.

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5.2.3.1. Flüchtlinge

Menschen auf der Flucht weisen ein besonders grosses Risiko auf, an Malaria zu erkranken. Neben der oftmals gesundheitlich schlechten Allgemeinverfassung und dem Zusammenleben vieler Menschen auf engstem Raum in Flüchtlingslagern spielen vor allem die für Anophelesmücken günstigen Bedingungen im Umfeld von Lagern, wie etwa die meist mangelnde Abwasserinfrastruktur und die Unterbringung der Menschen, die zu einem erhöhten Kontakt mit Stechmücken führt, eine wesentliche Rolle. In den 90er Jahren entwickelte sich die Malaria bei Flüchtlingen in Ländern wie Afghanistan, Angola, Kambodscha, Äthiopien, Ruanda, Somalia, der Demokratischen Republik Kongo und Tajikistan zu einem ernsthaften Problem. [Sherman, 1998, S.13, 15]

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5.2.3.2. Beispiel Ruanda 

Das Beispiel Ruandas zeigt, wie Fluchtbewegungen vieler Menschen zu einer Ausbreitung der Malaria beitragen können. Im Rahmen von zunehmenden innenpolitischen Spannungen, die 1994 zu einem Genozid an der Tutsi-Minderheit durch die Hutu-Mehrheit führte, kam es zu grossen Wanderbewegungen in der Bevölkerung. [Giger, 1998, S. 397] In Ruanda traten erste Malariaepidemien 1993 unter Flüchtlingen auf, die aus den von der Malaria wenig betroffenen Hügelgebieten in die grossen Ebenen, welche ein hohes Malariarisiko aufweisen, zogen. Im folgenden Jahr flüchteten die auf eine über eine Million Menschen angewachsene Menschenmenge aus Ruanda nach Tansania und dem damaligen Zaire (heute Demokratische Republik Kongo), in Gebiete also, die ebenfalls ein hohes Malariarisiko aufweisen. 1996 und 1997 kehrten diese Flüchtlinge aufgrund veränderter politischer Verhältnisse nach Ruanda zurück, wo sie zur weiteren Verbreitung der Malaria, und damit einer erhöhten Erkrankungsrate und Sterblichkeit, beitrugen. [Sherman, 1998, S. 15]

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5.2.3.3. Slums und Elendsviertel

Obwohl die Malaria in vielen Stadtzentren der Tropenregionen relativ selten auftritt, sind die Bewohner von Slums und Elendsvierteln doch in weit höherem Masse gefährdet. Einerseits schaffen die Lebensbedingungen in diesen Randregionen der Städte ideale Brutbedingungen für Anophelesmücken, andererseits verfügen die dort lebenden Menschen oft nicht über ausreichende Mittel, eine Malariaerkrankung medizinisch wirksam behandeln zu lassen. Zusätzlich erschwert wird die Situation durch den stetigen Zuzug von mit Malaria infizierten Menschen aus ländlichen Gegenden.

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5.2.3.4. Leben am Wasser

Da Seen, Flüsse und andere stehende Wasserkörper den Anophelesmücken ein Überleben selbst dort ermöglichen, wo aufgrund der Trockenheit ein Auftreten ansonsten nicht möglich wäre, muss die in der Nähe ansässige Bevölkerung als besonders gefährdet gelten. Interessanterweise existiert aber kein linearer Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Malaria und der Nähe zum nächsten Gewässer. Am häufigsten tritt Malaria in mittlerer Distanz von Wasserquellen auf und nicht wie erwartet in der Nähe. Eine Erklärung dafür liegt darin, dass Menschen, welche sehr nahe am Wasser leben, aufgrund der hohen Belästigung durch Stechmücken, Moskitonetze verwenden. [MARA, 1998, S. 21] Ein typisches Beispiel für die Malariagefährdung durch Wassernähe bildet das kleine westafrikanische Land Gambia.

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5.2.3.5. Reisende

Neben den Touristen, welche Malariagebiete besuchen — nach den Malariaepidemien von 1998 in Kenia fürchteten die dortigen Behörden einen Einbruch der Reisetätigkeit —, sind auch die innerhalb eines Landes reisenden Einheimischen gefährdet. Eines der zunehmend an Bedeutung gewinnenden Phänomene wird als "Wochenendmalaria" bezeichnet. Die "Wochenendmalaria" tritt bei Bewohnern von weitgehend malariafreien Städten auf, wenn sich diese beim Verwandtenbesuch in malariagefährdeten ländlichen Gegenden infizieren und nach rund einer Woche, d.h. wieder am Wochenende oder kurz danach, erkranken. [Sherman, 1998, S.13]

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5.2.3.6. Frauen und Kinder

Frauen und Kinder sind gegenüber der Malaria nicht nur immunologisch benachteiligt, weil sie einen entsprechenden Schutz entweder noch nicht aufgebaut haben oder während einer Schwangerschaft zeitweise verlieren, oft sind es soziale Strukturen, welche eine korrekte Malariabehandlung erschweren. Mehrere Studien in Kenia, Nigeria und Sierra Leone haben gezeigt, dass Frauen aus kulturellen Gründen endemische Krankheiten wie Malaria einerseits als gegebenes Schicksal hinnehmen, andererseits die Erlaubnis des Ehemannes einholen müssen, bevor sie sich einer Behandlung unterziehen können. In den meisten Fällen greifen Frauen bei einer Erkrankung zuerst auf Hausmittel oder traditionelle Medizin zurück. Zeigen diese keine Wirkung wird die kostengünstigere Selbstmedikamentation bevorzugt, welche von den betroffenen Bevölkerungsgruppen als effektivste Malariabehandlung angesehen wird. [WHO, 1997, S. 49]

Furcht vor Medikamenten
Viele schwangere Mütter in Entwicklungsländern fürchten, die Einnahme von Antimalariamittel führe zu vorgeburtlichen Schäden oder zum Abort ihres Kindes. Diese Furcht gründet darin, dass zur Abtreibung bei einer ungewollten Schwangerschaft manchmal Antimalariamittel in Überdosis benutzt werden. Eine Praxis, die auch in Ghana verbreitet ist. Bei den für die Malariatherapie benutzten Dosen besteht bei einer Chloroquin- oder Chininbehandlung jedoch keine Gefährdung für das Kind oder die Mutter, oder die Gefahr ist kleiner als diejenige durch den weiteren Verlauf einer unbehandelten Malaria. [Fernando, 1994]

Kinder unter fünf Jahren in den Risikogebieten Afrikas erkranken durchschnittlich bis zu sechsmal pro Jahr an Malaria. Bei einer ungünstig verlaufenden Malaria maligna kann der Tod schon 72 Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome erfolgen. Nach Angaben der UNICEF gehört Malaria zu den fünf wichtigsten Todesursachen bei Kindern unter fünf Jahren. In Afrika ist die Malaria nach Angaben der WHO für einen Fünftel aller Todesfälle während der Kindheit verantwortlich, und führt aufgrund der von ihr verursachte Schwächung des Körpers zu weiteren Todesfällen durch Atemweg-, Durchfallerkrankungen und Unterernährung. Überlebende Kinder werden aufgrund weniger grosser Reserven weit stärker geschwächt als Erwachsene. Die durch die Malaria resultierenden Nährstoffmängel beeinflussen die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes negativ. [Fact Sheet 94; WHO, 1999, S. 49]

Grafik: Todesfälle durch Malaria
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation für 1998 [WHO, 1999, S. 115]

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5.2.3.7. Wasser holen

Anophelesmücken sind besonders abends und frühmorgens aktiv. Dadurch sind Personen, welche um diese Tageszeit Wasser für den Haushalt an Gewässern oder Wassertanks holen, besonders gefährdet. In weiten Gebieten Afrikas ist das Tragen von Wasser die Aufgabe der Frauen und Mädchen. In Indien wird Wassertragen ebenfalls als Frauenarbeit angesehen, während dies in Indonesien Sache der Männer ist. Interessanterweise ist dann auch die prozentuale Malariahäufigkeit in Indien höher bei den Frauen, während in Indonesien vermehrt die Männer an Malaria leiden.  [Edmundson, 1992]

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5.3. Gründe für Malariaepidemien

Malariaepidemien, die meist mit anderen Faktoren wie Hungersnöten, Wirtschaftskrisen und Kriegen zusammenfallen, wirken sich nicht nur auf die Anzahl der Erkrankungen und Todesfälle aufgrund von Malaria aus, sie beeinflussen durch immer wiederkehrende Infektionen und die dadurch verbundene Schwächung des Körpers auch den allgemeinen Gesundheitszustand der Gesamtbevölkerung.

Grundsätzlich können drei verschiedene Typen von Malariaepidemien unterschieden werden, die alle jeweils unterschiedliche Ursachen haben: Epidemien aufgrund von Klimaveränderungen; Epidemien, die auf den Einfluss des Menschen zurückzuführen sind; das Versagen von Kontrollstrategien in Ländern, welche manchmal über Jahre die Malaria erfolgreich zurückdrängen konnten.

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5.3.1. Klimaänderungen

Epidemien aufgrund von Klimaveränderungen basieren auf einer Zunahme der Anophelespopulationen in Gebieten, in denen der Übertragung der Malaria normalerweise enge Grenzen gesetzt sind. Als typische Gebiete gelten die Trockensavannen, Gebiete der trockenen Subtropen, Wüstenränder, sowie in den Tropen und Subtropen gelegene Hochplateaus und -täler.

Epidemien in diesen Gebieten treten auf, wenn sich bisher begrenzende klimatische Faktoren zugunsten der Anophelesmücken ändern. Dies kann kurzfristig bei zu starken oder schwachen Regenfällen, längeren Perioden mit erhöhter Luftfeuchtigkeit, hohen Temperaturen, aber auch bei dauerhaften Veränderungen des Mikroklimas durch den Einfluss des Menschen der Fall sein.

Ändern sich etwa die Niederschläge kann sich die Zahl der für Anophelesmücken günstigen Brutplätze schlagartig erhöhen, und zwar sowohl durch Überschwemmungen als auch durch das teilweise Austrocknen der Flüsse, d.h. überall dort, wo Gebiete mit stehendem oder langsam fliessendem Wasser entstehen. Es wird angenommen, dass durchschnittliche Niederschläge von 80 mm während drei bis fünf Monaten im Jahr für eine Verbreitung der Malaria benötigt werden. [MARA, 1998, S. 12]

Durch Änderung der durchschnittlichen Temperatur kann sich sowohl die Entwicklung der Stechmücken als auch der in ihnen lebenden Malariaerregern beschleunigen, in gewissen Fällen wird sie in Gebieten mit für Malaria ungünstigen Temperaturverhältnissen erst ermöglicht. (Näheres dazu findet sich in der Textbox "Einfluss der Temperatur auf die Verbreitung der Malaria".) Oft finden sich die Ursachen solcher Veränderungen in weltweiten Klimaschwankungen wie etwa dem El Niño, die von der lokalen Bevölkerung nicht beeinflusst, und der Regierung eines Landes in ihren Konsequenzen nur schwer eingeschätzt werden können.

Epidemien aufgrund von Klimaveränderungen traten in den 90er Jahren beispielsweise in folgenden Gebieten auf: Hochlandtäler auf Madagaskar, in Äthiopien und Peru, verursacht durch langanhaltende Niederschläge, stark erhöhte Temperaturen und lange, feuchte Sommer; Rajasthan und Bangladesch, aufgrund starker Niederschläge in sonst trockenen Regionen, welche zu grossflächigen Überflutungen führten; die relativ feuchten Täler Sri Lankas, in welchen das Ausbleiben des Monsuns zum teilweisen Austrocknen von Flüssen führte.

Klimatisch bedingte Epidemien, welche durch den Malariaerreger Plasmodium falciparum verursacht werden, führen zu einer hohen Sterblichkeit in der betroffenen Bevölkerung. Erschwerend kommt hinzu, dass durch die Ursachen der Epidemie oft auch die Infrastruktur einer Region, etwa durch Überschwemmung, geschädigt wird und damit die Möglichkeit entsprechende Gegenmassnahmen einzuleiten erschwert, wenn nicht verunmöglicht wird. [Sherman, 1998, S.14-15]

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5.3.1.1. Einfluss der Temperatur auf die Verbreitung der Malaria 

Einer der wichtigsten Faktoren für die Verbreitung von Malaria ist die Temperatur. Sie beeinflusst die Infektionszyklen der Malaria auf vielfältigste Weise. Am wichtigsten ist aber der Einfluss auf den Sporozoitenzyklus des Parasiten und die Lebensdauer des Vektors, der Anophelesmücke

Eine zu tiefe Temperatur führt zu einer Verzögerung des Sporozoitenzyklus und damit der Inkubationszeit, d.h. die Anophelesmücken sterben, bevor der Parasit in ihnen sein ansteckendes Stadium erreichen kann. Bei einer Temperatur von 16° C stoppt die Entwicklung des Malariaparasiten, aber bereits bei Temperaturen unter 18° C ist eine Übertragung der Malaria unwahrscheinlich, da kaum eine Anophelesmücke die 56 Tage der für die Entwicklung des Parasiten benötigten Inkubationszeit überlebt. Bei 22°C beträgt die Inkubationszeit weniger als drei Wochen und mit einer angenommenen Überlebensrate von Anophelesmücken von 15% für diesen Zeitraum, kann eine Übertragung und Ansteckung erfolgen. Bei höheren Temperaturen verkürzt sich die Inkubationszeit des Erregers auf weniger als eine Woche. 

Sehr tiefe Temperaturen verunmöglichen auch den Anophelesmücken das Überleben: So kann Anopheles gambiae beispielsweise nur in frostfreien Gebieten überleben oder dort wo die absolute minimale Temperatur nie unter über 5° C sinkt. Selbst noch Temperaturen unter 18° C erschweren durch die verlangsame Entwicklung der Larven im Wasser ein rasches Ansteigen der Stechmückenpopulation. 

Wird die optimale Temperatur überstiegen, verkürzt sich die Lebenszeit der Anophelesmücken. Bei Temperaturen über 32° C steigt die Sterblichkeitsrate erheblich an, allgemein sind die Anophelesmücken wenig aktiv. Bei 40° C tritt Tod aufgrund von Überhitzung ein. [MARA, 1998, S. 11-12

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5.3.2. Einfluss des Menschen

Menschliche Aktivitäten beeinflussen das Aufkommen und den Verlauf von Malariaepidemien auf zwei verschiedenen Ebenen: durch die Veränderung der Umwelt und durch Wanderbewegungen (z.B. Flüchtlinge).

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5.3.2.1. Veränderungen der Umwelt

Veränderungen der Umwelt sind in Malarialändern vielfach auf das Bedürfnis der dort lebenden Menschen zurückzuführen, ihre Lebensumstände zu verbessern. Paradoxerweise führen diese Absichten über eine Zunahme der Malariaerkrankungen oft gerade bei für neue Entwicklungen aufgeschlossenen Bevölkerungen zu einer Verschlechterung des Gesundheit und damit einer Reduzierung des Wohlstandes. So schaffen etwa Bewässerungsprojekte, Staudämme, Kanäle aber auch das Abholzen von Wald in der Regel günstige Lebensbedingungen für Anophelesmücken. [MARA, 1998, S. 19]

Oft sind es nicht die Staudämme selbst, die zu einer Zunahme der Malariafälle führen, sondern stromabwärts entstehende Wasserreservoirs. Einen besonders grossen Einfluss auf die Verbreitung der Malaria haben Bewässerungskanäle für Reis- und Zuckerrohrfelder. Bei Monokulturen besteht durch den massiven Einsatz von Pestiziden zudem die Gefahr der Resistenzbildung bei Anophelesmücken, was die Bekämpfung einer aufkommenden Malariaepidemie zusätzlich erschwert. [Liese] In Uganda führte die Einführung des Reisanbaus zu einer Zunahme der Malaria um ein 7faches in den betroffenen Gebieten. [BBC, 16.09.1999] In semiariden Gebieten Afrikas wurden nach der Einführung von Bewässerungsprojekten Zunahmen der Malariafälle bis auf ein 17faches dokumentiert. [WHO, 1997, S. 48]

Aber nicht nur Entwicklungsprojekte grossen Stils beeinflussen das Auftreten von Anophelesmücken und damit der Malaria, auch Einzelpersonen tragen durch das Aufstellen von unbedeckten Wasserbehältern — für viele Menschen in den Entwicklungsländern ist fliessendes Wasser noch immer unerreichbar —, durch den Hausbau entstehende Wasserlöcher, verstopfte und verdreckte Abwasserkanäle u.a., zur Verbreitung der Malaria bei.  [Teklehaimanot]

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5.3.2.2. Beispiel Kommerzielle Baumplantagen in Südostasien

In Südostasien, von Bangladesch bis nach Vietnam, reagiert die für Malariaübertragung wichtigste Stechmückenart, Anopheles dirus, äusserst empfindlich auf Licht und gedeiht am besten in dichten Wäldern. In der Vergangenheit wurde der Lebensraum von Anopheles dirus durch die starke Abholzung stark eingeschränkt, was eine Abnahme der Malariafälle zur Folge hatte. Seit vermehrt Baumplantagen für Obst, Teak und Kautschuk angelegt werden, sind die Malariafälle wieder in Zunahme begriffen. Dazu haben folgende Gründe geführt: 

1. Für das Einsammeln des Kautschuksaftes werden Kokosnussschalen verwendet. Wenn diese weggeworfen werden, bilden sie ideale Brutstätten für Anopheles dirus

2. Kautschuk höchster Qualität wird in den frühen Morgenstunden eingesammelt, einer Zeit, in der die grösste Häufigkeit von Mückenstichen verzeichnet wird. 

3. In Thailand werden die Arbeiter auf den Kautschukplantagen im Tageslohn angestellt, d.h. diese haben die Kosten einer Malariaerkrankung selbst zu tragen. (In Vietnam wird die Behandlung durch den Arbeitgeber, den Staat, bezahlt.) 

4. Die Erntezeit in den Obstplantagen fällt mit der Hauptübertragungszeit von Malaria zusammen. [WHO, 1997, S. 48]

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5.3.2.3. Beispiel Papua Neuguinea

In Papua Neuguinea führte der Strassenbau zu einer Verbreitung der Malaria: Während des Baus der Strassen entstanden zahlreiche Wasserpfützen am Strassenrand, welche den Anophelesmücken als Brutstätte dienten. Als eine Strasse von der Küstenebene zum Hochland gebaut wurde, traten plötzlich lokale Malariaepidemien in bisher malariafreien Gebieten auf. Die Anophelesmücken waren dem Bau der Strasse Pfütze für Pfütze gefolgt. [Liese]

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5.3.2.4 Beispiel Mangalore (Indien)

Mangalore ist eine aufstrebende, am arabischen Meer gelegene Stadt in Südindien. Mit einer regen Bautätigkeit in den 90er Jahren ging eine zunehmende Zahl von Malariaerkrankungen einher, obwohl diese Krankheit in der Region noch in den 80er Jahren praktisch unbekannt war. 

Malariafälle in Bangalore (Indien)
Graphik nach Angaben der Webseite von Dr. Kakkilaya. [Kakkilaya-2]

Die Zunahme der Malariaerkrankungen waren nicht nur eine Begleiterscheinung der Bautätigkeit, sondern deren direkte Folge: Zuerst sind Baustellen ideal Brutstätten für Stechmücken, den auf ihnen finden sich zahlreiche Ansammlungen von Wasser. Als weiterer Faktor trugen die Baustellenarbeiter zur Verbreitung der Malaria bei. Da sie zumeist der Unterschicht angehören und unter schlechten Bedingungen leben, sind sie anfälliger für eine Malariainfektion. Baustellen tragen also nicht nur zur Verbreitung von Anophelesmücken bei, sie liefern auch noch das für eine Epidemie notwendige Erregerreservoir in der Form von teilweise zugewanderten Arbeitskräften. 

Der Zuzug von relativ vermögenden Familien, die ihren Wasserbedarf aus eigens dafür angeschafften Wassertanks deckten — in den grossen Städten der Entwicklungsländer mit ihrer ungenügenden Wasserversorgung eine Notwendigkeit — schuf neue Brutmöglichkeiten für die Stechmücken. Auch die Neubauten, welche im Gegensatz zu traditionellen Bauten oft über Flachdächer verfügen, welche als Terrasse benutzt werden, aber zumeist nur einen ungenügenden Wasserablauf aufweisen, trugen zur Vermehrung der Anophelesmücken bei. [Kakkilaya-3]

5.3.2.5. Wanderbewegungen

Neben durch kriegerische Auseinandersetzungen bewirkten Flüchtlingsströmen tragen vor allem Wanderbewegungen aus wirtschaftlichen Gründen zu einer Verbreitung der Malaria bei. Wenn Menschen mit einem mangelnden Immunschutz in Malariagebiete vordringen, kann sich die Infektion rasch unter ihnen ausbreiten. Kehren sie in ihre Heimat zurück, können weitere Ansteckungen nicht ausgeschlossen werden.

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5.3.2.6. Beispiel Brasilien 

Ein typisches Beispiel für die Ausbreitung der Malaria aufgrund von wirtschaftlichen Wanderbewegungen bilden die Edelstein- und Goldminen des Amazonasbecken in Brasilien. Durch den in diesen Gebieten betriebenen Tagbau, werden die bereits von Natur aus günstigen Bedingungen für Anophelesmücken, wie z. B. durch Wasserlachen in Aushublöchern, weiter gefördert. Hinzu kommt eine hohe Fluktuation der Arbeitskräfte, d.h. der immer neue Zuzug von Menschen mit einem nur ungenügenden Immunitätsschutz, welche auf den oftmals illegalen Raubbau zurückzuführen ist und wenig Anreiz für den Aufbau einer entsprechenden Gesundheitsinfrastruktur schafft. 

Die Gesundheitsvorsorge in solchen "Unternehmungen" wird ausschliesslich auf privater Basis betrieben, d.h. alle zur Verfügung stehenden Medikamente, inklusiv gefälschter Produkte mit geringem medizinischen Wert, können gegen entsprechende Bezahlung erworben werden. Während die aus dem Verdienst der Minenarbeit erworbenen Mittel den Kauf dieser Produkte erlauben, sorgen die hohen Preise dafür, dass eine Behandlung oft vor der Einnahme der vorgeschriebenen Medikamentenmenge abgebrochen wird. Die Folge des Missbrauchs einerseits und der Unterdosierung andererseits ist eine rasche Resistenzentwicklung gegenüber verschiedenen Malariamedikamenten, die sich über kurz oder lang auch auf die nicht in den Minen arbeitende Bevölkerung negativ auswirkt. [Sherman, 1998, S. 15]

Neben den Goldminen sind neue Ansiedlungen und das rasch wachsende Umfeld der kleinen Städte im Amazonasbecken weitere Malariaherde: In einem Siedlungsprojekt in Rondonia wurden Bauern aus malariafreien Gebiet angesiedelt. Im ersten Jahr wurden 1'200 Malariafälle in einer Bevölkerung von 2'000 Menschen registriert. Zwei Jahre später war die Bevölkerung auf 13'000 angewachsen und es wurden 24'000 Malariafälle verzeichnet. Erst mit der Ausbildung der lokalen Infrastruktur kommt es jeweils zu einer Verbesserung der Situation. [Liese]

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 5.3.3. Versagen der Kontrollstrategien

Das Versagen von Kontrollstrategien führt in Gebieten ehemals endemischer Malaria zu Epidemien mit hohem Erkrankungsrisiko und Sterblichkeit, wie sie ansonsten nur bei Epidemien in den Randgebieten der Malariarisikozonen auftreten. Die Ursache solcher Epidemien liegt beim während der Zeit der Kontrolle und Eindämmung der Malaria verlorenen Immunitätsschutz der ansässige Bevölkerung. Die Gründe für das Versagen von Kontrollstrategien reichen vom Erlahmen der Aufmerksamkeit der Kontrollbehörden nach Jahren geringer Malariaintensität, über fehlende Finanzen, bis hin zur Resistenzbildung bei Überträger, den Anophelesmücken, oder Erregern, insbesondere Plasmodium falciparum und Plasmodium vivax. [Sherman, 1998, S. 16]

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5.4. Folgen von Resistenz gegen Malariamedikamente

Seit der in den 60er Jahren erstmals aufgetretenen Resistenzbildung von Plasmodium falciparum gegen Chloroquin in den Grenzgebieten zwischen Thailand und Kambodscha, sowie Kolumbien und Venezuela, hat sich nicht nur die Chloroquinresistenz über weite Teile der Malariagebiete ausgebreitet, sondern es kann auch eine zunehmende Resistenzbildung gegenüber weiteren Medikamenten beobachtet werden.

Die 1977 in dem thailändisch-kambodschanischen Grenzgebiet eingeführte Sulfadoxin-Pyrimethamin-Therapie (Fansidar), musste wegen Resistenzbildung bereits 1980 durch den Rückgriff auf das bereits historisch verwendete Chinin, ab 1981 in Kombination mit Tetracyclin ersetzt werden. Ab 1984 wurde in dieser Region die Eintablettenbehandlung mit Mefloquin mit grossem Erfolg verwendet, aber bereits in den frühen 90er Jahren kam es in einigen Gebieten zu Behandlungsmisserfolgsraten von bis zu 50%. Auch die Kombination von Mefloquin mit Sulfadoxin und Pyrimethamin (Fansimef) bewirkte 1990 nur noch eine Erfolgsrate von 71% bei Erwachsenen und nur noch gerade 50% bei Kindern. [Bradley, 1996-2] Unterdessen sind Plasmodium falciparum-Erreger bekannt, die eine Multiresistenz gegen die meisten der erwähnten Medikamente aufweisen, und bei der Erstbehandlung wird immer mehr zu Artemisininderivaten gegriffen. Aus drei Gründen ist diese Entwicklung bedenklich:

Erstens liegen die Folgen dieser Entwicklung in einer erschwerten Therapierbarkeit der Malaria, in Papua Neuguinea und Irian Jaya erleiden bis zu 30% der von Plasmodium vivax befallenen und mit Chloroquin behandelten Patienten einen Rückfall innerhalb von ein bis drei Wochen. In einigen Teilen Myanmars (ehemals Burma) sind mehr als 85% der in Spitälern registrierten Malariaerkrankungen auf den Befall mit multiresistenten Plasmodium falciparum Erregern zurückzuführen. [Sherman, 1998, S. 17-18]

Zweitens zwingt die Resistenzbildung die betroffene Bevölkerung dazu, auf neuere in der Regel massiv teurere Medikamente umzusteigen. So kostet etwa die zunehmend verschriebene Malariatherapie auf Mefloquinbasis ein Mehrfaches einer Chloroquinbehandlung. Bedingt durch die fehlenden Mittel werden viele Patienten erst zu spät oder gar nicht mit wirksamen Malariamedikamenten behandelt, was insbesondere bei Kindern zu einer erhöhten Sterblichkeit führt. Das Problem der Chloroquinresistenz tritt seit den 80er Jahren auch in Westafrika auf. Unterdessen wird die Zahl der resistenten Plasmodium falciparum-Infektion in diesem Gebiet auf 20-35% geschätzt. [Nchinda, 1998]

Drittens erhöhen die aus wirtschaftlichen Gründen oft frühzeitig abgebrochenen Malariabehandlungen die Gefahr einer Resistenzbildung durch Unterdosierung: Bei einer Verbesserung des Allgemeinzustandes werden die restlichen Tablette einer vollen Behandlung für eine spätere Erkrankung nicht selten auf die Seite gelegt.

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5.5. Gründe für das Versagen von Kontrollstrategien

Seit der Erkenntnis der WHO, dass eine weltweite Ausrottung der Malaria mit den zur Verfügung stehenden Mittel nicht möglich sei, wurden verschiedene Programme zur Kontrolle und Eindämmung der Malaria initiiert und ausgeführt. Die "Global Malaria Control Strategy" aus den 90er Jahren etwa wollte mit Hilfe der  vier Zielsetzungen "frühe Diagnose und rasche Behandlung", "selektive und nachhaltige Präventionsmassnahmen", "Früherkennung, Eindämmung oder Verhinderung von Epidemien" und "Stärkung der lokalen Basisforschung" das Malariarisiko in den meisten Ländern der Erde reduzieren.

Gerade in den Hauptmalariagebieten Afrikas zeichnete sich aber trotz solcher Programme keine wesentliche Verbesserung der Malariasituation ab. Für das Scheitern der bisherigen Versuche können im Wesentlichen folgende fünf Punkte angeführt werden:

1. Ein mangelndes Verständnis der unterschiedlichen Malariasituationen auf dem afrikanischen Kontinent und eine zu pessimistische Einschätzung der Wirksamkeit vorhandener Möglichkeiten, führte zu fehlenden finanziellen Ressourcen zur Durchführung von Projekten und Forschung.

2. In den meisten Ländern, welche von der Malaria betroffen sind, fehlt Personal mit ausreichenden Kenntnissen der Epidemiologie der Malaria.

3. Die zunehmende Resistenzbildung und die teilweise schlechte Qualität der Medikamente erschweren die Behandlung erkrankter Personen.

4. Viele Länder verfügen nur über beschränkte Möglichkeiten, ihre Malariaprogramme kritisch zu evaluieren.

5. Die Privatindustrie hat nur ein geringes Interesse an der Entwicklung von neuen Möglichkeiten der Malariakontrolle, da die Menschen aus den betroffenen Gebieten meist wirtschaftlich uninteressant sind.

Obwohl also in einigen Ländern wie China, den Philippinen, Vietnam, Thailand, Indien und Brasilien zumindest Teilerfolge erzielt werden konnten, müssen die verschiedenen Programme zur Eindämmung der Malaria vor allem auf dem afrikanischen Kontinent ihre Nützlichkeit erst noch beweisen. [Sherman, 1998, S. 19-20]

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5.6. Zusammenfassung der Bedeutung der Malaria

Malaria gehört zu den wichtigsten Infektionskrankheiten weltweit und kann im Fall der von Plasmodium falciparum verursachten Malaria tropica, besonders bei Kleinkindern und anderen Personengruppen mit mangelndem Immunschutz, rasch zum Tod führen. Durch den anfangs grippeähnliche Infektionsverlauf, dessen Symptome von vielen anderen in den Risikogebieten verbreiteten Infektionskrankheiten kaum zu unterscheiden sind, wird eine Behandlung oftmals zu spät eingeleitet oder verursacht unnötige Kosten innerhalb eines Gesundheitssystems dessen Grenzen längst überschritten sind.

Zur Lethalität in vielen der von der Malaria betroffenen Gebiete tragen zusätzlich zu den mangelnden Ressourcen auf allen Ebenen der Gesellschaft — vom staatlichen Gesundheitswesen bis zur einzelnen Familie oder sogar der mittellosen Zweitfrau — eine allgemeine Gleichgültigkeit gegenüber Krankheitssymptomen bei Kleinkindern bei. Ein weiterer Faktor, der die Lethalität von Malaria tropica erhöht, ist die schlechte Gesundheitsverfassung weiter Teile der von der Malaria am härtesten getroffenen Bevölkerungsgruppen.

Auswirkungen der Malaria
Grafik: Auswirkungen der Malaria

Fehlende Mittel...

- führen zu Produktionseinbussen, da notwendige Anschaffungen (Werkzeug, Dünger) nicht getätigt werden können;

- führen zu einer ungenügenden Schulbildung, da Schulgelder, Schulbücher und Schulmaterial (Uniform, Schulbank, Hefte) nicht bezahlt werden können;

- führen zur Malariaerkrankung, da sowohl Prophylaxe (Moskitonetz, Spray, Chloroquintabletten) als auch eine Behandlung zu teuer sind; 

- führen zu einer geringeren Gesundheit, da Krankheiten zu spät, nicht richtig oder gar nicht behandelt werden und zudem die Gefahr einer unzureichenden Ernährung besteht.

Behandlungskosten...

- führen zu einer Verminderung der für andere Bereiche benötigten Mittel.

Geringe Gesundheit...

- erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Malariainfektion, da der bereits geschwächte Körper, dem Ansturm des Parasiten nicht gewachsen ist.

- führt zu einer ungenügenden Schulbildung, da Absenzen und Konzentrationsmangel die Aneignung von wesentlichen Stoffen behindern;

- führt zu einer geringeren Produktion, da betroffene Personen weniger leistungsfähig sind oder ganz aus dem Arbeitsprozess fallen;

- führt zu Behandlungskosten.

Malaria...

- trägt zu einer ungenügenden Schulbildung bei, da betroffene Jugendliche der Schule oft wochenlang fernbleiben, ausserdem kann die Lernfähigkeit durch eine Malaria maligna dauerhaft vermindert werden;

- führt zu Produktionsausfällen, da Betroffene oft mehrere Tage bis Wochen arbeitsunfähig sind oder in ihrer Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt werden;

- führt zu für die Betroffenen oft hohen Behandlungskosten;

- verringert den Allgemeingesundheitszustand durch bleibende Organschäden, oft wochenlang andauernde Schwächung des Körpers und durch Sekundärkrankheiten (Bakterieninfektionen, Krebs).

Ungenügende Schulbildung...

- führt zu einer geringeren Produktion, da wichtige Fertigkeiten und notwendiges Wissen fehlen;

- führt zu einer geringeren Gesundheit, da Krankheiten nicht richtig erkannt oder behandelt werden;

- erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Malariainfektion, da das notwendige Wissen für eine wirksame Prophylaxe fehlt und bei einer Erkrankung medizinische Hilfe oft zu spät beigezogen wird.

Geringe Produktion...

- führt zu fehlenden Mitteln und damit zu einer Verschlechterung der allgemeinen Lebenssituation.

Diese beschriebenen Umstände, und die fehlende Bereitschaft privater Unternehmen in die Malariaforschung zu investieren als auch seitens der Eltern, bei den ersten Anzeichen einer Erkrankung professionelle Hilfe aufzusuchen — sofern dies überhaupt möglich ist —, führen noch immer zu einer Vielzahl von unnötigen Todesfällen, die bei einer richtigen und vor allem frühzeitigen Behandlung weitestgehend verhindert werden könnten. So ist die Malaria denn in den meisten Risikoländern nur eine zusätzliche Facette der weit häufigeren Krankheit Armut und ihrer Folge, der Ignoranz.

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Fragen, Anregungen oder Korrekturanmerkungen an mattgig@freesurf.ch sind willkommen.

Matthias Giger, Oktober 1999 (Update: 31.01.2002)